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Stimmen aus unserem Netzwerk
Prof. Dr. Anabel Ternès von Hattburg
Deutsche Fachbuchautorin und Professorin für Internationale BWL, Schwerpunkte Digitalisie- rung, Kommunikationsmanagement, HR, Gesundheit und Neues Lernen an der privaten Fachhochschule SRH Berlin University of Applied Sciences
„Die Welt benötigt eine Bildung, die breit gefächert ist und Schüler darauf vorbereitet, komplexe globale Herausforderungen anzugehen, kreativ zu denken, wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse zu verstehen, digitale Kompetenzen zu entwickeln und eine tiefe Verbindung zur Umwelt herzustellen. Dies erfordert eine umfassende Neugestaltung der Lehrpläne und Bildungssysteme weltweit.
In Deutschland ist der Bildungserfolg weiterhin stark vom sozialen Hintergrund abhängig. Im Vergleich dazu, insbesondere in skandinavischen Ländern wie Schweden, Finnland, Dänemark, Estland und Irland, besteht eine höhere Chancengleichheit und ein Fokus auf individueller Entwicklung. Diese Länder zeichnen sich durch kostenfreie Ganztagsschulen, interdisziplinäre Bildung und demokratische Erziehung aus. Kanada und Japan legen Wert auf qualitativ hochwertige Bildung, während Südkorea und China ein anspruchsvolles und wettbewerbsorientiertes Schulsystem mit hohem Leistungsdruck haben. Island setzt einen Schwerpunkt auf Gleichberechtigung und Stereotypenbekämpfung in der Bildung.
Was muss passieren, damit Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern weltweit nicht den Anschluss verliert, was muss passieren, damit in Deutschland wieder besser durch schulische Bildung für eine besser Zukunft für alle gesorgt wird?
- Verbesserte Übergänge zwischen Bildungsphasen schaffen
- Individuelle Potenziale fördern
- Gemeinsame Bildungsstandards stärken
- Auf eine digitale nachhaltige Welt vorbereiten
- Frühkindliche Bildung und Förderung stärken
- Motivierende Schulen schaffen
- Attraktivität der beruflichen Ausbildung steigern
- Schule, Wirtschaft und Gesellschaft verbinden
Unsere Welt braucht starke selbständige junge Menschen, die achtsam, wirkungsvoll, reflektiert und agil Krisen begegnen und es schaffen, diese Welt zu einem enkeltauglichen lebenswerten Raum für uns alle zu gestalten. Bildung trägt Verantwortung. Je länger wir warten, sie gut zu machen, umso schwerer wirkt sie, unsere Verantwortung. Wir haben es in der Hand, dies zu ändern. Ich wünsche mir, meinen Kindern und uns allen, dass wir es schaffen, unsere Bildung für die Zukunft aufzustellen. Nachhaltig. Ganzheitlich. Miteinander.“
Alexander Schöpke
Geschäftsführer Bündnis für Bildung
„Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Damit zeitgemäße Bildung in einer Kultur der Digitalität zur Normalität in deutschen Schulen wird, braucht es mehr als nur ein weiteres staatliches Förderprogramm. Die flächendeckende Digitalisierung des Bildungswesens wird nur gelingen, wenn die staatlichen Ebenen gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Akteuren und der Zivilgesellschaft zu einem neuen Konsens der Zusammenarbeit kommen. Es braucht Plattformen für gemeinsamen Austausch ermöglichen – über die Gelingensbedingungen erfolgreicher Schuldigitalisierung, über die technischen Möglichkeiten, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und die pädagogischen Notwendigkeiten.
Für genau diesen Austausch schafft das gemeinnützige Bündnis für Bildung e.V. seit 12 Jahren erfolgreich ein Forum. Vertreterinnen und Vertreter von Ländern, Kommunen und Schulträgern und Unternehmen kommen in unserem Netzwerk zusammen und engagieren sich gemeinsam für mehr Tempo bei der digitalen Bildung. Digitaler Fortschritt braucht einen neuen Konsens zwischen Bund, Ländern, Schulträgern und der Bildungswirtschaft.“
Silke Müller
Oberschuldirektorin der BITKOM Smart School „Waldschule Hatten“, Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen und Bestsellerautorin
„Als Digitalbotschafterin und Schulleiterin einer digitalen Schule fördere und fordere ich jeden Tag Engagement und Verantwortungsübernahme für digitale Entwicklungsprozesse. Unsere Welt ist digital, KI wird nochmals eine große Veränderung mit sich bringen. Es ist eine große gesellschaftliche Aufgabe, hier handlungsfähig zu sein und vor allem die nächste Generation zum Handeln und zur Übernahme von Verantwortung zu befähigen.
Für mich geht es hierbei zunächst darum, Digitalisierung klar von Technisierung zu unterscheiden. Nicht die Ausstattung mit Tablet, Panel und Co machen Digitalisierung aus. Es geht um eine Haltung zu einer Kultur der Digitalität, um Anwendung, Erkennung von Chancen bspw. durch adaptive Lernsysteme für eine wirklich gute Differenzierung in Blick auf die Kinder. Kurzum stehen für mich die drei vorgenannten Ziele felsenfest im Fokus der digitalen Schulentwicklung: Vermittlung von IT-Kompetenzen, ein Grundverständnis für KI und der Aufbau einer digitalen Ethik.
In meinen Augen braucht es eine Entfrachtung der Lehrpläne, ein viel stärkeres Lernen und Lehren in Zusammenhängen, was im besten Fall projektorientiert sein müsste. Die sogenannten „4K“ (Kollaboration, Kommunikation, Kreativität und kritisches Denken) müssen als Zukunftskompetenzen allem vorangestellt werden. Selbstverständlich braucht es einen Fokus auf IT-Kompetenzen und vor allem auf eine digitale Ethik. Dafür wiederum bräuchte es Raum, Zeit und Ressourcen.
Ich träume von einer digitalen Welt der Zukunft, in der KI zum Freund und Helfer geworden ist. Es gibt digitale Online-Wachen, die den Usern bei Problemen zur Seite stehen. Hass, Gewalt und menschenverachtende Pornografie wird automatisch aus dem Netz gefiltert. Das Netz ist endlich wieder ein Raum des Wissens, macht Spaß, lädt ein zu Kreativität und vor allem zu einem friedlichen, respektvollen und toleranten Miteinander.
Es braucht dringend einen gesamtgesellschaftlichen Ruck und ein Bewusstsein, welche Macht und Kraft soziale Netzwerke haben. Wir müssen miteinander ins Gespräch kommen, Herausforderungen als Themen begreifen, die wir nur kollaborativ und durch die Bildung starker Allianzen lösen und meistern können. Insbesondere im Blick auf das System Schule brauchen wir offene Türen für den Blick und die Unterstützung von unterschiedlichsten Expertinnen und Experten von außen.“
Micha Pallesche
Schulleiter der BITKOM Smart School Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe und Preisträger des bundesweiten Wettbewerbs „Deutscher Lehrkräftepreis – Unterricht innovativ“
„Wir leben in einer vernetzten Gesellschaft, die im Zuge der Digitalisierung immer komplexer wird. Eine veränderte kulturelle Rahmung wirkt sich auch auf den Bildungsbereich aus. Gemeinschaftlichkeit, Kommunikation, Partizipation und co-kreative Aushandlungsprozesse werden zu zentralen Elementen des Lernens. Der Lernort Schule ist jedoch häufig noch immer ein Ort mit veralteter Raumstruktur und tradierten Abläufen. Den Herausforderungen der digitalen Transformation können diese Orte nicht mehr länger gerecht werden.
Unser Ziel ist es, außerschulische Lernorte zu erschließen, in einer interaktiven Karte der Stadt Karlsruhe zu verorten, zu visualisieren und via App buchbar zu machen. Dabei sollen schulische sowie außerschulische sogenannte „Lerninseln“ sichtbar gemacht werden, um mit ihren vielfältigen Angeboten das Lernen in der realen Welt zu ermöglichen. Die interaktive Karte erleichtert den Schülern, die zahlreichen Initiativen und Lernorte in Karlsruhe zu finden und aufzusuchen. Zudem ist vorstellbar, dass die Lerninseln auch von allen Bürgern und Lernenden im Umkreis genutzt werden können.
Schulische Transformationsprozesse können gelingen, wenn Akteure Beziehungen innerhalb der Schule und nach außen pflegen und sich gegenseitig unterstützen, gemeinschaftlich lernen, im Rahmen vielfältiger Kooperationen agieren, durch das Erfahren und Ermöglichen von Teilhabe ein neues Rollenverständnis entwickeln und vor allem genügend Freiraum haben, um neue Wege zu beschreiten. Der Transformationsprozess kann zukünftig nicht länger auf Einzelschulen beschränkt bleiben. Schulen müssen Netzwerke ausbilden, die sich gegenseitig begleiten und die von außen im Rahmen umfangreicher Fort- und Weiterbildungsangebote unterstützt werden.“
Dario Schramm,
bis 2021 Generalsekretär Bundesschülerkonferenz, ZEIT „30unter 30“, Autor „Die Vernachlässigten“, Public Affairs Manager simpleclub
Junge Stimmen müssen mehr an Entscheidungen beteiligt werden! Egal ob Bildung, Klimaschutz, Arbeitsmarkt… am Ende tragen wir, die junge Generation, die Folgen der Entscheidungen von heute.
Mein größtes Anliegen ist hier die Chancengerechtigkeit. Ich war selbst auf einer Gesamtschule und habe erlebt, was Herkunft bedeutet: Bildung ist super abhängig vom Elternhaus und davon, welche Möglichkeiten es dort gibt. Gerade Familien mit weniger Ressourcen brauchen hier bestmögliche Unterstützung.
Dass viele Jugendliche nicht sagen können, was ihnen im beruflichen Kontext wirklich Spaß macht und was sie erfüllt, liegt an der verstaubten Berufsorientierung in den Schulen. In meiner Schulzeit beschränkte sich das auf den Besuch einer Vorlesung an der Uni und Besuchen bei der Arbeitsagentur. Mitgenommen haben wir nichts.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels müssen wir die Persönlichkeits- und Stärkenorientierung und die Digitalisierung in den Fokus nehmen. Meine Vorschläge dazu:
- Mehr Praktika während der Schulzeit in verschiedenen Bereichen
- Mehr Kooperationen zwischen Unternehmen und Schule - die Praxis gehört viel stärker in die Schulen
- Ausbau von Projekten wie der "Potenzialanalyse“
- Viel mehr Investitionen in innovative, digitalere und vor allem individuellere Bildung
Schülerinnen und Schüler nutzen digitale Tools schon lange, vor allem außerhalb der Schule. Sie sind offen dafür, den richtigen Umgang damit zu lernen, denn KI und Digitalisierung können Entlastung und Bereicherung sein. Das geht über Ausstattung mit Tablets hinaus. Digitale und zukunftsfähige Bildung fängt bei modernen Schulgebäuden an und hört bei neuen Schulkonzepten auf.
Die Sparmentalität im Bildungsbereich ist ein völliger Irrweg, der uns noch bitter auf die Füße fallen wird. Deutschland hat weder Öl noch Gas - unser wertvollster Rohstoff sind kluge und innovative Köpfe. Aber die gehen uns Stück für Stück verloren, wenn wir Investitionen in Schulen und (Aus)Bildung nur als finanzielle Ausgaben betrachten.
Fotos: F. Thissen, C. Windel, Privat (Sonstige)
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